Dank dem Erfinder tragbarer Musik…

Morgens ist das Nervenkostüm eben etwas empfindlicher gegen nervige Geräusche und unnötiges Geschwätz und auch wirklich nur mit Kaffee zu besänftigen. Die lieben Öffi-Mitfahrer begegnen mir mit größtem Verständnis und rücksichtsvoller Ruhe… nicht. Nerviges Geschwätz und unnötige Geräusche, permanent und aufdringlich. 

 

Wer möchte denn bitte auf nüchternem Magen hören, dass Heinz jetzt auch endlich mal in der Sauna war und wie schön und entspannend das war? Und warum muss selbst ernannte Miss Sommerteam ihre Erfahrungen mit Schatzi der ganzen Welt mitteilen? Und auch was Mr. Dandy heut Abend mit seiner Süßen vorhat, sollte eine Info allein für ihre Ohren bleiben. Ja, leider ist noch nicht bei allen angekommen, dass ein mobiles Telefongerät die Stimme nicht aufsaugt und lediglich an angesprochene Personen übermittelt. Leute, ALLE können euch hören. Erinnert mich an meinen kleinen Bruder, der mit zwei Jahren davon überzeugt war, man könne ihn nicht sehen, wenn er sich die Augen zu hält. Das war noch süß…

 

Der Typ neben mir ist gar nicht süß, wie er so erzählt, er müsse sich mal wieder bei seinem Bewährungshelfer melden. Soll ich mich jetzt um Tasche oder Leben sorgen? Darauf hätte ich gerne verzichtet! Vielleicht hätte er ja auch gerne mitbekommen wie Miss Sorglos ihren nächsten Termin bekanntmacht. Da hätte er sich gleich Datum, Uhrzeit, Straße und Handynummer notieren können – schön zweimal wiederholt… zum Mitschreiben.

 

Mit dem Stoff mancher Telefongespräche kann man ganze Bücher schreiben! Herzzerreißende Geschichten aus Büro und Heim, Beziehungskrisen und -versöhnungen, Bewerbungsschmerz und kleine Lach- und Sachgeschichten – alles dabei.

 

Ich möchte kein Buch schreiben. Lieber lese ich ein vernünftiges Werk, das mich wirklich fasziniert. Aber gerade an der spannendsten Stelle schockiert mich mein Gegenüber dann doch wieder mehr als jeder Mord- und Totschlagthriller. Es fing ganz harmlos an. Er müsse den Termin mit Nicole absagen. Am Tag zuvor hat er nämlich alle Scheine verspielt und muss jetzt erst mal zur Bank. „…weil ich hab gestern bei dem Facebook-Spiel, da hab ich erst mal den Sand und das Wasser weggemacht.“ Aha. „…das Gehalt müsste schon da sein. Ja, deswegen verschiebe ich den Termin mit Nicole, weil ich musste ja da gestern bei dem Facebook-Spiel den Sand und das Wasser wegmachen – das hätte ich eh machen müssen.“ Der Mann war über vierzig! Sozialer Abstieg durch Facebook-Spiele…

 

Der Typus „Ich-spreche-ins-Gerät-und-keiner-hört-mich“ ist leider nicht der alleinige Unterhalter öffentlicher Verkehrsmittel. Es gibt neben ihm noch den „Ich-rede-um-zu-reden“-Typ. Dieser besitzt oder nutzt kein Handy, um seine Umwelt zu nerven. Er merkt einfach nicht, dass ihm keiner zuhören will und quatscht einem zufällig Auserwählten oder einem flüchtigen Bekannten das Ohr blutig. Der Versuch sich zu schützen, indem sie stur aus dem Fenster, ins Buch oder auf ihr Handy starren, sowie einfach nicht antworten, wird erfolgreich ignoriert…

 

Am liebsten würde ich diese ungeliebten Verbalattacken auf lautlos schalten und bin oft kurz davor, einen bösen Spruch einzuwerfen. Aber ich will ja nicht böse sein. Also tue ich das einzig richtige und stecke mir meine Stöpsel ins Ohr.

Dank dem Erfinder tragbarer Musik! Die einzige und wahre Lösung noch einigermaßen gut gelaunt den Arbeitsplatz zu erreichen…

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